Perlmutt- Lackarbeiten in Vietnam
"Heute ist gutes Lackwetter", sagt Lai lächelnd und schaut auf seine Plastiksandalen. Es regnet, die Luft ist extrem feucht und warm,- jenes staubfreie Wetter das Saigoner Künstler ins Atelier treibt. Lai ist einer von vielen, die mit dem Naturprodukt Lack arbeiten. Statt Leinwand benötigt er Holz, Büffelhornspachtel - und Naturlack, der die hohe Luftfeuchtigkeit des Saigoner Wetters braucht. Die landläufige Theorie lautet dahingehend, dass die Techniken hierfür während der Zeit der Drei Königreiche (1. Jh. v. - 7. Jh. n. Chr.) von China nach Vietnam gelangten. Vietnam ist seitdem jedoch seinen eigenen Weg bei der Weiterentwicklung gegangen.
Der Herstellungsprozess der Perlmutt-Lackarbeiten ist eine kontinuierliche Folge von Wiederholungen und Wartezeiten. 45 einzelne Schritte sind notwendig, bis ein Bild hergestellt ist, dies kann bis zu sechs Monaten oder länger dauern. Beim ersten Schritt wird auf die Oberfläche der hölzernen Trägerplatte Rohlack aufgetragen, um Veränderungen des Holzes vorzubeugen. Rohlack wird aus dem Saft der Lackbäume hergestellt, der so lange raffiniert wird, bis er klar ist. Anschließend wird Hanf- oder Ramiestoff auf das Holz gelegt, der ein Verziehen des Holzes verhindert und die Absorption des Lacks fördert. Darauf wird eine Schicht mit Reisstärke und Holzkohlepulvern vermischten Lackes aufgebracht. Die Holzkohle dient als natürliches Konservierungsmittel, welches das Holz vor Feuchtigkeit und Schädlingsbefall schützt. Dann wird mit Löss (gelbliches, poröses, sehr feinkörniges und kalkhaltiges Staubsediment) vermischter Lack aufgetragen und die Holzoberfläche mit einem Schleifstein poliert. Eine weitere Schicht folgt. Nun erstellt der Künstler das Bild, skizziert und malt das Motiv. Nach zwei weiteren Lackschichten und einer abschließenden Politur ist es bereit für die Perlmutt- bzw. Eierschaleinlagen.
Von allen handwerklichen Arbeiten an dem Bild ist das Schneiden der Muschel in die gewünschte Form die anspruchsvollste und schwierigste. Es erfordert eine akkurate Technik, Sensibilität vorausgesetzt.
Spezielle Künstler aus Hanoi werden eigens hierfür angefordert
Nach dem Einlegen werden wiederum mehrere Lackschichten aufgetragen. Jede einzelne wird mit 400er-2000er Sandpapier geschliffen.
Hierin liegt das Geheimnis der Haltbarkeit des Lacks. Nach dem Auftragen der letzten Lackschicht erfordert die abschließende Politur die Hand eines erfahrenden Handwerkers, um den natürlichen Glanz des Perlmutts herauszuarbeiten.